CALL FOR ARTISTS

Die Bewerbungsfrist für die Reise- und Residenzstipendien 2025/2026 der Hessischen Kulturstiftung ist am 7. Oktober 2024 abgelaufen.

Die Bekanntgabe der 14 Stipendiat:innen erfolgt Ende November hier

Editorial

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

zeitlos sein – wie wäre es wohl, nicht von einem Takt bestimmt zu werden, über Terminschienen und Wiederholungsmühlen hinwegzugehen? Versetzt zur disziplinierenden Zeitordnung der Alltagsexistenz – eine attraktive Vorstellung, nicht synchronisiert zu sein, die Zeit dem persönlichen Rhythmus anzupassen. Das Bedürfnis derer, die der abstrakten Ordnung und dem verbindlichen Takt den Vorzug geben, trifft diese Vorstellung vermutlich nicht. Einerlei, welchen Persönlichkeitsstil man pflegt, mehr, als dann und wann mal uhrzeitlos sein, ist praktisch nicht drin – doch immerhin. Auch jene Zeitlosen, die an der No Time gearbeitet haben sollen, stehen am Ende des Tages mit beiden Füßen auf dem Boden der „bürgerlichen Zeit“. Doch es gibt sie, die wahren Zeitlosen, die sich nicht an die geltende Ordnung von Zeitskalen halten. Diese verpflanzen den Frühling in den Herbst und besorgen das reguläre Herbstgeschäft im Frühjahr; sprich, sie blühen und bilden Samen außerhalb der Zeit und sind, mit Friedrich Rückerts Worten, „hierin der Blumen Widerspiel“. Was unter dem Namen Herbstzeitlose als blassviolette Blüte ohne Blatt, quasi nackt, die zeitliche Verschiedenheit so prächtig bis November darbietet, trägt – was allgemein bekannt sein dürfte – ein tödliches Gift. Die wenigsten aber dürften wissen, dass die krokusähnliche Blume ein Kapitel der historischen Taschenlosigkeit der Frau mitverantwortet. Als „Ligne Corolle“ oder „Colchique“ hat sie den New Look der Nachkriegsjahrzehnte, bei dem die Röcke an umgedrehte Blütenkelche erinnern, mitgeformt. Von Eingriffstaschen – dem Privileg des Mannes – war der reaktionäre Zuschnitt des Blütenkelchs weit entfernt, die Handtasche ergänzte die durch Miedergürtel eingeschnürte Taillenkontur. Apropos: Tasche und Trivialnamen für die Herbstzeitlose zielen sprachgeschichtlich unter die weibliche Gürtellinie. Sie teilen sich gleiche historische Namen mit Genitalbezug, die – hier nicht zur Wieder­holung geeignet – Weiblichkeit verächtlich machten, wo man(n) sie als bedrohlich ansah: als zügellos, einverleibend, todbringend. Vom Blumenblütensujet oder -klischee sagten sich im Nachkrieg die „informellen“ Künstlerinnen los, die mit neuen Praktiken der Abstraktion in ein männerdominiertes, körperbetontes Metier eintraten. Im Widerspiel von Torselett und Tasche entwickelten Aktion und befreite Geste, ob kraftvoll oder feingliederig, eigenständige weibliche Positionen – vom männlich ge­triebenen Kunstgeschehen jedoch weitgehend verdeckt. Auf historisch gewachsene Ungleichheiten blicken wir in dieser Ausgabe. Mit einigen Anregungen zum Herbst laden wir Sie dazu ein, manche Tage aus dem Zeitkorsett zu lösen und diese in genialer Herbstzeitlosigkeit zu verbringen.

Ich wünsche Ihnen eine kurzweilige Lektüre!

Eva Claudia Scholtz
Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung

ausstellungen unserer stipendiat:innen

16. 10. 2024 – 
21. 12. 2024
Grace Schwindt When a Body Becomes a Landscape · Galerie Peter Kilchmann · 11-13, rue des Arquebusiers, 75003 Paris, Frankreich
13. 10. 2024 – 
19. 10. 2025
Gerhard Lang und andere Counter/Surveillance · Wende Museum · 10808 Culver Boulevard, Culver City, CA 90230, USA
04. 09. 2024 – 
08. 11. 2024
Jörg Ahrnt und andere 30 Jahre ARTE GIANI 1994 – 2024 · Galerie Arte Giani · mainBuilding, Taunusanlage 18, 60325 Frankfurt am Main
02. 07. 2024 – 
29. 12. 2024
Herbert Warmuth Arzneipackungen – Interventionen im Museum Wiesbaden · Museum Wiesbaden · Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur · Friedrich-Ebert-Allee 2, Wiesbaden
19. 01. 2024 – 
29. 12. 2024
Nasan Tur Suppose You Are Not · ARTER – space for art · Irmak Caddesi No. 13 Dolapdere Beypglu, 34435 Istanbul, Türkei

geförderte ausstellungen

12. 10. 2024 – 
10. 08. 2025
immer dabei: DIE TASCHE · Deutsches Ledermuseum · Frankfurter Str. 86, 63067 Offenbach am Main
11. 10. 2024 – 
26. 01. 2025
InformELLE Künstlerinnen der 1950er/60er-Jahre · Hessen Kassel Heritage, Neue Galerie · Schöne Aussicht 1, 34117 Kassel
11. 10. 2024 – 
04. 12. 2024
pas tan de dem deux · Marburger Kunstverein· Gerhard-Jahn-Platz 5, 35037 Marburg
31. 08. 2024 – 
12. 01. 2025
Melvin Edwards. Some Bright Morning · Fridericianum Kassel · Friedrichsplatz 18, 34117 Kassel
27. 07. 2024 – 
05. 01. 2025
Gustav Metzger · MMK Museum für Moderne Kunst · Domstraße 10, 60311 Frankfurt am Main
17. 05. 2024 – 
31. 01. 2025
Naturgefühl und Wissenschaft. Landgräfin Karoline von Hessen-Darmstadt zum 250. Todestag · Jagdschloss Kranichstein · Kranichsteiner Straße 261, 64289 Darmstadt









    *Pflichtfelder

    Ich bin damit einverstanden, dass mir die Hessische Kulturstiftung das vierteljährlich erscheinende Magazin maecenas kostenlos per Post zusendet und hierzu meine Daten elektronisch verarbeitet. Meine Daten werden ausschließlich zu diesem Zweck genutzt. Insbesondere erfolgt keine Weitergabe an unberechtigte Dritte.


    Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Dies kann ich über folgende Kanäle tun: per E-Mail an: info@hkst.de oder postalisch an: Hessische Kulturstiftung, Luisenstraße 3 (Hinterhaus), 65185 Wiesbaden. Es gilt die Datenschutzerklärung der Hessischen Kulturstiftung, die auch weitere Informationen über Möglichkeiten zur Berichtigung, Löschung und Sperrung meiner Daten beinhaltet.

    Die Hessische Kulturstiftung begrüßt die Stipendiat:innen des Turnus 2023/24. 
    Die Hessische Kulturstiftung hat an fünfzehn Künstler:innen Stipendien für freie Reisevorhaben und einjährige Aufenthalte in den stiftungseigenen Ateliers in London, New York, Paris und Istanbul vergeben.

    V. l. n. r. und h. n. v., Reihe 1: Enad Marouf (Reisestipendium nach Ägypten, Libanon und Jordanien), Tatjana Stürmer (Reisestipendium New York), Leda Bourgogne (Residenzstipendium London), Levin Oehler (Residenzstipendium Istanbul), Johannes Büttner (Reisestipendium nach Paraguay, Honduras und Brasilien), Reihe 2: Béla Feldberg (Residenzstipendium New York), Wagehe Raufi (Residenzstipendium Paris), Tanya V. Abelson (Residenzstipendium London), Shaun Motsi (Reisestipendium nach Simbabwe), Sonja Sofia Yakovleva (Residenzstipendium Istanbul), Reihe 3: Elif Saydam (Residenzstipendium New York), Valentina Knežević (Reisestipendium Bosnien und Herzegowina, Kroatien), David Moser (Residenzstipendium Paris), Peyman Rahimi (Reisestipendium in den Iran) / {Auf dem Foto fehlt: Ben R. Clement (Reisestipendium in die Türkei, nach Malta, Sardinien und Korsika)}