entknoten

Zur Krise gehört, dass sie zwei Wege weist, Verschärfung oder Heilung. Letztere, der Weg aus der Krise, ist der Weg der Wahl, der zu einem Leben im Gleichgewicht führt. Doch führt er nicht an der Frage vorbei: Wie der Krise begegnen, der persönlichen, der kollektiven? Healing, das englische Äquivalent, trägt einen weit gefassten Bedeutungsinhalt für etwaige Antworten. Dem Begriff kommt die Dimension des Veränderns, Erneuerns, des Ganzwerdens zu. Er bezieht sich auf alle Systeme, die gestört und fragil sind, weil ihnen Missverhältnisse oder Verletzungen, Krisen, vorausgehen. Körper und Psyche, Beziehungssysteme, das globale Gefüge mit seiner kolonialen Vergangenheit und nicht zuletzt das Ökosystem der Erde erfordern healing als dauerhaft angelegten Prozess der Wiederherstellung von Gleichgewicht.

healing heißt auch das am Weltkulturen Museum in Frankfurt realisierte Projekt, das den Themenkreis in Ausstellung und Publikation mit multidisziplinären und -medialen Beiträgen vertieft. Allem voran die Fragen: „Wie können Krisen überwunden werden? Wie kann healing gelingen?“ Nicht nur Antworten, sondern auch Lösungen zur Krisenbewältigung geben indigene Kunst- und Wissenspraktiken ebenso wie künstlerische Positionen, die die Ungleichgewichte in der Welt und im Menschsein beleuchten. ,Knoten lösen‘ kehrt als Motiv in der einen und anderen Krisenerzählung wieder sowie als sinnfällige Metapher für Perspektivwechsel. Damit verbindet sich die in dem Projekt konzeptionell enthaltene Aufforderung, in Verantwortung für sich und das globale Miteinander neue Positionierungen einzunehmen sowie ausschließende Dominanznarrative zu überwinden, um Akzeptanz der Gleichwertigkeit von Kulturen herbeizuführen. Entknotung – die Hoffnungs­seite der Krise.