Foto: Timothy Doyon © Melvin Edwards, Courtesy Melvin Edwards; Alexander Gray Associates/New York; Stephen Friedman Gallery/ London
Melvin Edwards, Augusta, 1974, lackier­ter geschweißter Stahl, 167,6 × 156,8 × 143,5 cm ©

Funkenschlagend

„Er“, der Künstler Melvin Edwards, „beginnt mit dem Funken einer Idee, setzt dann auf der Basis dessen, was er sieht, (thematisch) anfasst, erinnert, assoziativ fort“ – diese Betrachtung hebt den unmittelbaren Schaffensprozess des Künstlers, der sich selbst als blacksmith (engl. Schmied) bezeichnet, auf die überzeitliche Ebene des Mythos: Wo der Funke das kompositorische Feuer entfacht und unter Schmiedeschlägen die Idee originelle Form annimmt, da wirkt Hephaistos’ alias Vulcanus’ Genie, welches die westliche Genietradition begründet hat. In deren Erzählung bleiben die unabgebildet, die darin nie eine Anwartschaft auf Genie hatten – weil sie schwarz sind: Ogun Alagbede, der kämpferische Heros und Gott der Schmiede aus der Yoruba-Mythologie, und jene, die sich auf ihn und andere ,black heroes‘ dieser Parallelgeschichte berufen, die mit der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre ins Bewusstsein dringt. Mit der Organization of Black American Culture (OBA-C) tritt das kollektive Genie der Künstler:innen mit afrikanischen Wurzeln in die Sichtbarkeit, als kraftvoller Akt der Gemeinschaftsbildung im Kampf gegen Schwarzenfeindlichkeit. Einer, der sein Genie auf die ,community of their roots‘ richtet, ist Edwards. 1970 erhält er als erster schwarzer Künstler im New Yorker Whitney Museum eine Einzelausstellung. Als Ogun’s Friend wird der Pionier der afroamerikanischen Abstraktion poetisch gewürdigt – Antipode des ,white masculine genius‘. In Werken wie Gate of Ogun verschränkt sich die machtvolle Symbolik des kulturellen Erbes mit der US-amerikanischen Kunst, Geschichte und Gesellschaft, in der Schwarze versklavt und gelyncht wurden. Edwards Arbeiten erzeugen metaphorische Assoziationen, ein Leitmotiv ist die Stahlkette: Kettenglieder bilden stabile Verbindungen oder knechtende Fesseln, die gemahnen, gebrochene verweisen auf den Triumph der Befreiung, offene darauf, dass gegen weltweit herrschende Probleme noch viel zu tun ist – doch strahlt helle Zukunftshoffnung aus dem Werk von Oguns Freund.

  • Melvin Edwards. Some Bright Morning
  • Fridericianum
  • 31. August 2024 – 12. Januar 2025
  • Friedrichsplatz 18, Kassel
  • Telefon +49 561 70727-20
  • fridericianum.org
Abonnieren Sie den maecenas, das Magazin der Hessischen Kulturstiftung.