Editorial

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

Warten in Werther, auf dem Bus-Wartesteig der Stadt, von der goldverpackte, echte Bonbonsüße ihren Namen hat – das fühlt sich nicht eben an wie Karamell auf der Zunge. Und das liegt keineswegs an dem Ort, sondern an dem schalen, bisweilen sauren Geschmack verwarteter Zeit. Wenn es nicht weitergeht. Wenn die Ungeduld zum nächsten Bahnhof drängt, in diesem Szenario zu dem in Bielefeld, weil man nach Hause will, aber der Anschluss doch nicht warten wird, was bleibt dann zur Wahl? Statt in Stress zu verfallen, wäre es besser, die Tugend des Wartens zu üben. Sprich heroisch wie Odysseus das Ende des Wartens abwarten und beharrlich auf die Heimkehr hinarbeiten, mit der App im Endgerät. Oder das Warten zu einem entspannten Verweilen machen und Gedankenspiele anstellen, wie etwa zu Werther und Karamellbonbons: Wie würde wohl die Storyline verlaufen, wäre die japanische Karamellbonbonverkäuferin aus Guo Moruos Erzählung Ka’ermeiluo guniang, die sich an Goethes Werther-Roman orientiert, nicht dem sie bis zur Selbstaufgabe liebenden Mann aus China begegnet, sondern jenem Zuckerbäcker, der das Bonbon aus Werther erfunden hat? Gewiss weniger bitter, vielleicht mit Happy End.

Goethes Werther von 1774 hat bis in die Gegenwart in anderen Weltgegenden viele Spuren hinterlassen – bis zur vollen Blüte einer Jubiläums-Anthologie zur Werther-Wirkung hat das Lesepublikum 250 Jahre warten müssen. Grund genug, die als Katalog des Stadtmuseums Wetzlar erschienene Zusammenstellung internationaler Wertheriaden in unserer Frühlingsausgabe vorzustellen. Längerem Warten verdankt sich die Ausstellung Welt im Fluss im MAK Frankfurt, denn nach einer Eiszeit für ihre Pläne kann die Schau jetzt aus einem angewachsenen Bestand der Japansammlung schöpfen. Ein erhellender Seitenaspekt ist darin das an traditioneller japanischer Keramikreparatur zutage tretende aktive Verweilen am Materiellen, dem der Lauf der Zeit eingeschrieben ist. In seiner ersten Publikation aus den Anfängen 1984 wirbt das Fotografie Forum Frankfurt (FFF) unter der Frage, was Kunstfotografie heiße, für das Medium und beschreibt es als das Gegenteil von einer Bildkunst auf Knopfdruck: als eine, die gekennzeichnet ist durch Geduld und Dauer bis zu dem „einen“ Bild oder der Serie. 2024, in Zeiten, in denen KI Bilder erstellen kann, hat das FFF die Essenz von 40 Jahren präsentierter wie auch mitgestalteter Fotografiegeschichte als Buch vorgelegt.

Allerorten wird gewartet, dass der Frühling einkehrt. Er kommt verlässlich. Wer dann Wartezeit in Bielefeld haben sollte, schafft es vielleicht noch zum Hanami in der „Kirsch­blüten-Allee“.

Ich wünsche Ihnen ein prachtvolles Frühjahr.

Ihre Eva Claudia Scholtz
Geschäftsführerin
der Hessischen Kulturstiftung

dates and events

13. 03. 2025 – 
22. 06. 2025
Text & Spirit. Erleuchtungsgrafik. Mittelalterliche Handschriften zwischen Alltagspraxis, Luxus und Glaube · Museum Angewandte Kunst · Schaumainkai 17, Frankfurt am Main
31. 01. 2025 – 
27. 04. 2025
Die Welt im Fluss. Über Bewegtes und Vergängliches in der Japanischen Kunst · Museum Angewandte Kunst · Schaumainkai 17, Frankfurt am Main
12. 10. 2024 – 
10. 08. 2025
immer dabei: DIE TASCHE · Deutsches Ledermuseum · Frankfurter Str. 86, Offenbach am Main

exhibitions

27. 03. 2025 – 
25. 04. 2025
Daniel Stubenvoll und andere um fragile Affären · WAF Galerie · Schadekgasse 8, Wien
14. 03. 2025 – 
10. 04. 2025
Caroline Krause KIPPMOMENT · Galerie arToxin · Kirchenstraße 23, München
10. 03. 2025 – 
13. 04. 2025
Sunah Choi und andere GLÄSERN / GLASSILY – forms of uncontrolled control · Schloss Biesdorf · Alt-Biesdorf 55, Berlin
08. 03. 2025 – 
24. 08. 2025
Atiéna R. Kilfa, Shaun Motsi und andere Undermining the Immediacy · TOWER MMK · Taunustor 1, Frankfurt am Main
08. 03. 2025 – 
18. 05. 2025
Julian Irlinger The Curtain of Time · Portikus · Alte Brücke 2 / Maininsel, Frankfurt am Main
01. 03. 2025 – 
30. 03. 2025
Britta Lumer und andere Zwischenblicke · Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 · Eisenacher Straße 118, Berlin
28. 02. 2025 – 
16. 06. 2025
Giulietta Ockenfuß und andere Red Dots · Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität · Varrentrappenstraße 40-42, Frankfurt am Main
22. 02. 2025 – 
18. 05. 2025
Jonas Brinker What Remains of Light· Kunstverein Harburger Bahnhof · Hannoversche Straße 85, Hamburg
14. 02. 2025 – 
16. 11. 2025
Grace Schwindt A History of Touch · M Leuven · Leopold Vanderkelenstraat 28, Leuven
14. 02. 2025 – 
02. 05. 2025
Robert Schittko und andere Three is a Crowd · MAIN TRIANGEL – Oberfinanzdirektion · Zum Gottschalkhof 3, Frankfurt am Main
08. 02. 2025 – 
06. 07. 2025
Atiéna R. Kilfa Wonder Lust · LOK · Grünbergstraße 7, St. Gallen
01. 02. 2025 – 
25. 05. 2025
Tatjana Stürmer und andere Rebellion des gemeinen Mannes. 500 Jahre Bauernaufstand · Kunsthalle Vogelmann, Städtische Museen Heilbronn · Allee 28, Heilbronn
13. 10. 2024 – 
19. 10. 2025
Gerhard Lang und andere Counter/Surveillance · Wende Museum · 10808 Culver Boulevard, Culver City, United States
20. 09. 2024 – 
23. 03. 2025
Lena Henke und andere Light Sounds Senses · Heidi Horten Collection · Hanuschgasse 3, Wien









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    Die Hessische Kulturstiftung begrüßt die Stipendiat:innen des Turnus 2023/24. 
    Die Hessische Kulturstiftung hat an fünfzehn Künstler:innen Stipendien für freie Reisevorhaben und einjährige Aufenthalte in den stiftungseigenen Ateliers in London, New York, Paris und Istanbul vergeben.

    V. l. n. r. und h. n. v., Reihe 1: Enad Marouf (Reisestipendium nach Ägypten, Libanon und Jordanien), Tatjana Stürmer (Reisestipendium New York), Leda Bourgogne (Residenzstipendium London), Levin Oehler (Residenzstipendium Istanbul), Johannes Büttner (Reisestipendium nach Paraguay, Honduras und Brasilien), Reihe 2: Béla Feldberg (Residenzstipendium New York), Wagehe Raufi (Residenzstipendium Paris), Tanya V. Abelson (Residenzstipendium London), Shaun Motsi (Reisestipendium nach Simbabwe), Sonja Sofia Yakovleva (Residenzstipendium Istanbul), Reihe 3: Elif Saydam (Residenzstipendium New York), Valentina Knežević (Reisestipendium Bosnien und Herzegowina, Kroatien), David Moser (Residenzstipendium Paris), Peyman Rahimi (Reisestipendium in den Iran) / {Auf dem Foto fehlt: Ben R. Clement (Reisestipendium in die Türkei, nach Malta, Sardinien und Korsika)}