© Loheland-Archiv
Tanz Seltsam mit Eva-Maria Deinhardt, um 1920 ©
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Loheland 100 – gelebte Visionen für eine neue Welt: Fotogramm auf Tageslicht-Auskopierpapier, 1920–22, vermutlich Bertha Günther, Vonderau Museum ©



bewegend

Junge Frauen schreiten im Sprunglauf über die Bühne, erproben in verschiedenen Konstellationen im Rhythmus der Atmung ihr Gleichgewicht im Raum. Die Bewegungen erscheinen in ihrer fließenden Abfolge aus Anspannung, Übergang und Innehalten als Hybrid zwischen Tanz und Gymnastik, ein markantes Merkmal der Loheländer Bewegungspraxis. Die Szenen in Schwarz-Weiß entstammen Filmsequenzen, in denen Loheländerinnen bei ihren Übungen zu sehen sind und die im Zuge der Ausstellung Loheland 100 erstmals gezeigt werden.

Im Jahr 1919, dem Gründungsjahr des Bauhauses, finden Louise Langgaard (1883—1974) und Hedwig von Rohden (1890—1987) in der Rhön bei Fulda einen Ort für ihr gymnastisches Seminar, das sie seit mehreren Jahren gemeinsam betreiben. Ihre Idee einer Ausbildungsstätte für Frauen steht im größeren Kontext der Lebensreformbewegung, die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts alternative Lebens- und Gesellschaftsentwürfe zur industrialisierten Großstadtkultur erprobt: Vegetarismus, Freikörperkultur, Naturheilkunde oder Kleidungsreform.

Langgaard und von Rohden gründen die Siedlung Loheland – in der Wortschöpfung klingen die Vornamen der Gründerinnen an. Dort wollen sie Frauen in einer ganzheitlichen Herangehensweise zu Gymnastiklehrerinnen ausbilden. Die Loheländerinnen legen neben den körperlichen Übungen Wert auf künstlerische Gestaltung, mit der Raum, Gleichgewicht, Bewegung auf verschiedenen Wegen erfahrbar gemacht werden sollen. Hinzu kommt die selbstversorgende landwirtschaftliche und gestalterische Arbeit und nicht zuletzt die Gemeinschaft als integraler Teil der Ausbildung. Im Laufe der Jahre entsteht ein weitläufiger Gebäudekomplex, der Werkstätten für Stoff, Möbel, Lederwaren und Kleidung, eine Foto-, Kostüm- und Bühnenwerkstatt beheimatet.

Die Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum im Fuldaer Von­derau Museum hat sich zum Ziel gesetzt, mit bislang nicht gezeigten Objekten, Kostümnachbildungen und angewandter Kunst aus Loheland einen umfassenden Einblick in alle Bereiche der Schule zu geben und das gattungsübergreifende Konzept Lohelands im Kontext von Avantgarde und Moderne zu verorten.

  • Loheland 100 – Gelebte Visionen für eine neue Welt
  • 26. September 2019 bis 5. Januar 2020
  • Vonderau Museum
  • Jesuitenplatz 2, 36037 Fulda
  • Telefon +49 611 1023210
  • Öffnungszeiten: Di – So 10 – 17 Uhr
  • www.museum-fulda.de