© Augusto de Campos
Konkrete Poesie / poesia concreta: pluvial fluvial, 1959, Opelvillen Rüsselsheim ©
© Eugen Gomringer
schweigen, 1952 ©



ausgeführt

Am rechten oberen Rand geht es los: Gegen die Leserichtung tropfen die Buchstaben des Wortes pluvial – als Regen fallend – regentropfenträufelnd treppabwärts, bis ihr lautmalerisch prasselndes p p p p fast in der Mitte des Blattes übergeht in das strömende fffff des fluvial – durch fließendes Wasser geschaffen –, das sich von links nach rechts laufend in einen breiten Sprachfluss verwandelt.

Es überlagern und ergänzen sich in dieser Arbeit des brasilianischen Lyrikers Augusto de Campos (*1931) visuelle und sprachliche, räumliche und akustische Qualitäten von Buchstaben, die dank des Sperrsatzes als körperhafte Bildelemente erscheinen. Gedichte, die dem Schriftbild eine figürliche Darstellung geben, gibt es schon seit der Antike. Doch die Vertreter der konkreten Poesie gestalten ihre Werke weniger unter semantischen, denn unter ästhetischen Gesichtspunkten. Das öffnet die Arbeit für sinnliche Erfahrungen und ermöglicht ein universelles Verstehen.

Diese Eigenschaften von Sprache und Schrift herauszuarbeiten und zur Darstellung zu bringen, ist das zentrale Anliegen der konkreten Poesie, die Anfang der 1950er Jahre zeitgleich in Brasilien von der Gruppe Noigandres um Augusto de Campos und in Europa vom bolivianisch-schweizerischen Künstler Eugen Gomringer (*1925) mit seinem Aufruf vom vers zur konstellation vertreten wird. In zahlreichen theoretischen Schriften arbeiten die Vertreter der konkreten Poesie die Verwandtschaft mit musikalischen und mathematischen Konzepten heraus.

Ein Zufall soll die beiden Strömungen Mitte der 50er Jahre zusammengebracht haben, als Gomringer und ein Vertreter der brasilianischen Sprachgestalter sich an der Univer­sität Ulm begegneten. Ein lebhafter Austausch setzte ein, der in den Opelvillen in Rüsselsheim in einer Ausstellung thematisiert wird.

  • Konkrete Poesie / poesia concreta
  • Eugen Gomringer, Augusto de Campos und Freunde
  • 25. September 2019 bis 12. Januar 2020
  • Opelvillen Rüsselsheim
  • Ludwig-Dörfler-Allee 9, 65428 Rüsselsheim
  • Öffnungszeiten: Mi, Fr, So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr
  • www.opelvillen.de