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Das Jahr 1820 ist ein Wendepunkt in der Karriere von Joseph Stieler, eines 1781 in Mainz geborenen, zunächst autodidaktischen Malers des Klassizismus, der nach Stationen in Rom und Mailand in Paris beim napoleonischen Hofmaler François Gérard „noch einmal ganz neu malen lernte“. Gerade hatte er das bis heute ikonische Porträt Ludwig van Beethovens vollendet, auf Intervention Antonies von Brentano (sie war mit Ehemann bereits 1809 in Frankfurt konterfeit worden).

Bereits erfolgreich mit Porträts und Miniaturen, fertigte Stieler nun das Bildnis der Erzherzogin Henriette Alexandrine von Österreich, die von ihrer Mutter, Fürstin Isabelle von Nassau-Weilburg, liebevoll Jette gerufen wurde. Er erfasste den lebendigen Blick der jungen Erzherzogin, in einer zwar konventionellen, doch dynamisch gehaltenen Pose. Ihr Blick über die Schulter aus dem intimen Oval, das im Schwung des reich bestickten Schals einen stofflichen Widerhall findet, richtet sich auf die Familie. Fünf Jahre zuvor hatte Henriette 17-jährig den 26 Jahre älteren Erzherzog Karl geheiratet, im Laufe der Zeit gebar sie ihm sieben Kinder. In der Nähe von Wien erbaute Karl seiner Familie die Weilburg, deren Anlage und Interieur an die schwiegerelterliche Residenz an der Lahn erinnerten.

Nach dem frühen Tod der nur 32-jährigen Erzherzogin verblieb das Bild zunächst in Österreich und mag dort die Erinnerung an sie wachgehalten haben. Es ist ein Glücksfall, dass dieses bislang nicht in Joseph Stielers Werkverzeichnis aufgeführte Porträt kürzlich auf einer Auktion für Schloss Weilburg ersteigert werden konnte. Es vervollständigt die Galerie der Familie und verdeutlicht die besondere Beziehung zwischen dem Haus Nassau-Weilburg und Österreich.

Joseph Stieler festigte weiterhin in München seinen Ruf als Porträtist und Hofmaler Ludwigs I. Heute steht sein Name vor allem für die Schönheiten-Galerie Ludwigs I., die jedoch häufig den Blick auf seine frühen Jahre, das zeichnerische Werk und späte realistische Tendenzen verdeckt.