editorial winter 2019

Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,

wie halten Sie’s mit der Kunst? bohren wir heute mit einer Gretchenfrage nach. Was halten wir von Kunst – insbesondere solcher, die uns nicht so einfach gefallen will –, welchen Platz geben wir ihr in unserem Leben, welchen Stellenwert besitzt sie in der Gesellschaft und welche Aufgaben werden von den verschiedensten Institutionen und Akteuren an sie herangetragen?

Fragen, auf die man nicht eben so eine Antwort haben kann – und haben sollte. Und so lädt das verstreichende Jahr dazu ein, die eigenen Einstellungen zu hinterfragen und dazu Vorhaben, vielleicht sogar Ziele zu entwickeln. Für die Hessische Kulturstiftung ist diese Reflexion und das Nachdenken über Kunst Arbeitsalltag. Jedermann die Möglichkeit zur Meinungsbildung, zum Kunstgenuss, zum Streiten über Kunst zu verschaffen, ist das Ziel unserer Förderarbeit. Eine Voraussetzung dafür ist die Zugänglichkeit, die wir zusammen mit Museen, Bibliotheken, Ausstellungshallen und Kunstinitiativen gewährleisten. Aber hingehen, anschauen, nachdenken müssen Sie selber.

Die Förderprojekte, die wir Ihnen in dieser Ausgabe des maecenas vorstellen, bieten einen Einblick in ganz unterschiedliche Potenziale von Kunst. Im Liebieghaus in Frankfurt hat in diesem Jahr die Elfenbeinsammlung Reiner Winklers Einzug gehalten, die neben der Schaulust an fantastischen Kunstschnitzereien zeigt, welches Wissen und welche Schönheit in privaten und musealen Sammlungen bewahrt bleibt. Als beziehungsreiche Geflechte aus Kunst, Wissen, Wissenschaft und Faszination gewinnen Sammlungen über ihre Einzelobjekte hinaus an Bedeutung.

Neben dem Bewahren von Bildtraditionen und Kulturgütern nimmt das Museum für Sepulkralkultur in Kassel den Abschied in den Blick und verhandelt anhand ausgewählter Artefakte und zeitgenössischer Kunst die Kulturgeschichte von Trauer und Tränen. Saisongerecht eher dem Unheimlichen zugewandt ist die Präsentation des Künstlerduos FORT in der Ausstellungshalle Gießen. Ähnlich einem Möbiusband gestaltet FORT seine cineastischen, raumgreifenden Installationen, in denen sich der Besucher zwischen surrealen Inszenierungen einer vermeintlichen Alltäglichkeit verirrt.

Im Interview zeichnet Herbert Warmuth als einer der ersten Stipendiaten der Hessischen Kulturstiftung in Paris ein Bild seiner künstlerischen Entwicklung.

Und es gibt noch etwas Neues zu berichten, bevor das alte Jahr zu Ende geht. Die Hessische Kulturstiftung verabschiedet nach 17 Jahren vertrauensvoller Zusammenarbeit Dr. Rolf-E. Breuer aus dem Vorstand. Ein großer Dank geht an unseren Vorstandsvorsitzenden: Er begleitete substanzielle Fördermaßnahmen mit Weitblick und sicherte durch kluge Entscheidungen die Vermögensverwaltung der Stiftung. Sie wird künftig in Übereinstimmung mit den Nachhaltigkeitskriterien des Global Compact der Vereinten Nationen erfolgen. Zugleich freuen wir uns auf die künftige Zusammenarbeit mit Frau Jutta Ebeling, die wir als neue Vorstandsvorsitzende in der Stiftung begrüßen.

Anregende Lektüre wünscht Ihnen

Eva Claudia Scholtz
Geschäftsführerin