Foto: Renate von Forster · © DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt a. M.
Roswitha und Oskar in Die Blechtrommel, © DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt am Main / Sammlung Volker Schlöndorff ©
© DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt a. M.
olker Schlöndorff und Eberhard Junkersdorf präsentieren ihren Oscar® vor der Kulisse der Hollywood Hills, Sammlung Volker Schlöndorff ©
Foto: Uwe Dettmar · © DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt a. M.
Oskars Blechtrommel in der Dauerausstellung des Deutschen Filmmuseums, Sammlung Volker Schlöndorff ©



im gedächtnis

Verpackt, verbracht, staubfrei verwahrt – auch wenn der Materialtransfer, den man Vorlass nennt, von der Person gelenkt wird, die ihr Archiv also zu Lebzeiten übergibt, so liegt doch etwas Finales darin, die eigenen Lebens- und Schaffensdokumente zur archivarischen Pflege in andere Hände zu geben. Der Vorlass ist durch das Loslassen und die Rückschau auf Werk und Wirken gekennzeichnet. Andererseits aber auch dadurch, dass eine solche Sammlung prospektiv ist, indem sie durch Ergänzungen aus anhaltender Tätigkeit wächst, und dies auf der Grundlage von konkreten Zielen wie ihrer Zugänglichmachung. 

Als man Vorlass noch ‚Nachlass zu Lebzeiten‘ nannte, schrieb einer über sich: „Ich eigne mich nicht für einen Nachlaß“. Es war der Literat Robert Musil (1880–1942) in dem Wunsch, der Pflege seines Werks aus zweiter Hand zuvorzukommen, indem er es durch sich selbst vollenden und veröffentlichen würde – denn: Unfertiges der Öffentlichkeit zu überlassen sei ein Wertnachlass am künstlerischen Werk; Vollendung, so sie zu Lebzeiten gelänge, würde wiederum den Nachlass als Ultimum des Kunstschaffens überflüssig machen. Der Vorlass kann hingegen von dem Wunsch bestimmt sein, das noch unbeendete Werk zu sichern, um aus dessen Bestand einen allgemeinen Mehrwert zu stiften. Dies führt zu demjenigen, der Musils Törless-Roman 1966 filmisch adaptierte und damit sein Regiedebüt feierte: Volker Schlöndorff. 

Im Sommer 1992 leeren sich die Geschäftsräume der Bioskop Film GmbH in München, die Volker Schlöndorff, Eberhard Junkersdorf und Reinhard Hauff 1973 gründeten. Gleichzeitig füllen sich immer mehr Kartons in Schlöndorffs Privatwohnung mit Archivmaterial. Da und dort stellt sich die Entscheidungsfrage, was als Dauerleihgabe ins Museumsarchiv nach Frankfurt und nach der Erschließung interessierten Nutzer:innen zugänglich sein soll. Über die vergangenen 30 Jahre ist der Vorlass von Volker Schlöndorff nach Frankfurt gekommen und gewachsen. Jetzt ist die Sammlung zusammen mit den Archiven von Reinhard Hauff sowie der Bioskop Film und Munich Animation von Eberhard Junkersdorf dauerhaft in den Besitz des Deutschen Filminstituts & Filmmuseums Frankfurt (DFF) übergegangen.

Vornehmlich Dokumente aus dem Produktionsprozess und der Rezeption der Filme bilden das ungewöhnliche Archiv­material der drei komplementären Sammlungen, die das wohl umfassendste derzeit zugängliche Archiv des bundesdeutschen Films begründen. Als der umfangreichste Vorlass steht der von Volker Schlöndorff im Zentrum der drei Sammlungen, der bereits zu einem großen Teil geordnet, beschrieben und in der Datenbank des DFF online einsehbar ist. Mit Schlöndorffs Verfilmung des Romans Die Blechtrommel von Günter Grass gewann die Bioskop Film 1980 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film – der internationale Durchbruch. Bis heute gehört die Literaturverfilmung zu den bekanntesten Werken des Neuen Deutschen Films. 

Der Wert des Bestands an Dokumenten wie Drehbüchern, Produktionstagebüchern, Storyboards, Kleinrequisiten, Fotos, Interviews, Filmkritiken, Briefen sowie Autografen ist sehr hoch einzuschätzen. Neben dem Fassbinder-Nachlass stellen die Vorlässe im DFF eine weitere bedeutende Quelle für die Erforschung jener von der Nouvelle Vague motivierten, zeitkritischen Filmbewegung dar. Untergebracht ist die Sammlung im DFF-Archivzentrum, das mit der Goethe-Universität sowie mit der DFF-Bibliothek mit Textarchiv in der Deutschen Nationalbibliothek ein dynamisches Forschungscluster für Wissenschaftler:innen verschiedener Fachdisziplinen bildet. Dort steht sie Studierenden ebenso wie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. In dieser einmaligen Sammlung spiegelt sich die Zeit- und Rezeptionsgeschichte dreier Biografien wider, die den deutschen Film von den 1960er-Jahren bis zur Gegenwart maßgeblich geprägt haben. Mit der digitalen Sicherung und Aufbereitung der Dokumente bewahrt das DFF die film- und kulturgeschichtliche Bedeutung ihres künstlerischen Werks im öffentlichen Gedächtnis.

  • DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum Frankfurt
  • Erwerbung: Vorlässe Volker Schlöndorff, Reinhard Hauff, Eberhard Junkersdorf
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