Anonym: Frida Kahlo mit fünf Jahren, 1912; Diego Rivera & Frida Kahlo Archives, Bank of Mexico, Treuhänder im Diego Rivera and Frida Kahlo Museum Trust; © Kunst und Kulturstiftung Opelvillen, Rüsselsheim 



nicht in farbe

Von Frida Kahlo kennt man farbenkräftige Selbstporträts als gemalte Bekenntnisse einer Frau, die zur ikonischen Figur des 20. Jahrhunderts wurde. Ihr malerisches Werk changiert zwischen Mythisch-Sagenhaftem und realer Welt, und es dokumentiert einen Großteil ihrer Biografie, in der Kunst und Herkunft, ihre Kindheit und politische Weltsicht wie auch die lebenslangen Erfahrungen mit Versehrtheit miteinander verbunden sind. Weniger bekannt ist Frida Kahlo in Schwarz-Weiß. Ihre autobiografische Dokumentation in Form von gesammelten Fotos, zum Teil von namhaften Urheber:innen, ist jetzt in den Opelvillen Rüsselsheim zu sehen. Für Kahlo spielte Fotografie eine wichtige Rolle, etwa als Fundus für Gemäldevorlagen, als Mittel zur Selbsterkundung und nicht zuletzt als Portfolio der Erinnerung.  Im fremden Blick entsteht meist das Bild von einer unglücklichen Kindheit Kahlos. Sie selbst blickte auf eine „wundervolle Kindheit“ zurück. Als Neunzehnjährige drückte sie es 1926 so aus: „Vor kurzem noch, es ist erst wenige Tage her, da war ich ein Kind, das durch eine bunte Welt voller klarer, greifbarer Formen streifte. In allem lag ein Geheimnis verborgen; es zu entschlüsseln […] war wie ein Spiel für mich. Jetzt lebe ich auf einem schmerzensreichen Planeten, durchsichtig wie Eis, der nichts verbirgt.“ Die an ihrem Schicksal gereifte junge Frau, der nichts mehr geheimnisvoll erscheint, überblendet ihre Kindheit mit dem romantischen Topos des Kindes, das über eine ursprüngliche Poesie verfügt. Im reflektierten Verlust dieser Poesie mag ein Impuls zu ihrer Kunst liegen, in der jene mythisch verwurzelte „bunte Welt“ wiederersteht. Es erscheint wie ein ästhetisches Paradox, dass Kahlos ‚erwachsene‘ Welt von Farbe und Form durchdrungen ist, während die „wundervolle Kindheit“ schwarz-weiß dokumentiert ist. Ein Gedanke Charles Baudelaires klingt in dieser Querverbindung zu Kahlos Malerei an, nämlich dass der nach Genesung drängende Anteil des Menschen wie das „Kind Form und Farbe einsaugt“ und sich im farblichen Milieu bewegt.

  • Frida Kahlo. Ihre Fotografien
  • Opelvillen Rüsselsheim
  • bis 4. Februar 2024
  • Ludwig-Dörfler-Allee 9, 65428 Rüsselsheim
  • Telefon +49 (0)6142 835 907
  • opelvillen.de