stadtlandschaft und genre

Betrachtet man die Architekturvedute Bernardo Bellottos (1722–1780) mit einem Selbstbildnis als venezianischem Edelmann, so kann man sich angesichts seines bewegten Lebens zwischen drohender Armut und einer gesicherten Existenz als anerkannter Hofkünstler fragen, ob nicht doch der Bettler links im Bild das Portrait des Künstlers darstellen soll. Denn in einer idealen, bühnenartig angelegten Architektur wird, ausgehend von dem venezianischen Aristokraten, ein Spiel der Fingerzeige aufgeführt. In einer solchen Lesart könnte der Edelmann König Stanisław II. August darstellen, der Bellotto schließlich an seinem Hof in Warschau beschäftigte. Das ausgeführte Gemälde (1765) ist dort noch heute im Original zu finden. Als große Reproduktion hängt es außerdem neben der entsprechenden Zeichnung im Hessischen Landesmuseum Darmstadt, nämlich in der Ausstellung Remember Venice! Bellotto zeichnet anlässlich des 300. Geburtstag des Künstlers. Darmstadt beherbergt neben Warschau und Wien eine ausgezeichnete Sammlung von Bellotto-Zeichnungen.

Ausgebildet in Venedig von seinem Onkel Giovanni Antonio Canal – dessen Beinamen Canaletto er übernehmen wird – zeichnet und malt der Künstler charakteristische Architekturpanoramen von oberitalienischen Städten sowie von Dresden, Wien, München und Warschau. Außerdem komponiert er Architekturveduten. Während seine Ansichten der Städte Warschau und Dresden dank ihrer Genauigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg zur Rekonstruktion der Städte herangezogen werden, sind seine Veduten ein Spiel mit Architekturzitaten, Perspektive, Atmosphäre, menschlicher und tierischer Staffage, die er zu genrehaften und urbanen Szenen arrangiert.