wandering star
No man is an island stellt der englische Schriftsteller John Donne vor knapp 400 Jahren in einem seiner bekanntesten Gedichte fest. Eine verdichtete Wahrheit, die heute auf einer Insel in Frankfurt erfahrbar wird, vom Main umspült und Standort der Ausstellungshalle Portikus. Dort ist für rund zwei Monate die 1977 in Fairfaix geborene Künstlerin Dawn Kasper mit ihrer Performance The Wolf and the Head on Fire Gast und Gastgeberin zugleich.
Seit mehr als einer Dekade nomadisiert die Künstlerin durch Museen und Ausstellungshallen. Zuletzt war sie 2017 mit ihrem künstlerischen Haushalt in den Giardini auf der Biennale in Venedig zu Gast.
Niemand ist eine Insel, jeder trägt auf seine Weise zum Ganzen bei und ist zugleich abhängig von seinen Mitmenschen. Dawn Kasper verlor vor rund zehn Jahren ihren Job und damit ihr Studio, ihre künstlerische Arbeitsgrundlage. Sie verlegte ihre Arbeit in ihren Truck, von dem aus sie in der Öffentlichkeit performte und ihre prekären Lebensumstände thematisierte.
Am Ende von John Donnes Gedicht steht die Aufforderung, niemals zu fragen, „for whom the bell tolls“. Denn es sei einerlei, wem sie läutet – sie schlage in diesem Moment auch für dich. Der Widerhall dieser Erkenntnis klingt auch durch die Ausstellungsräume, wenn die zahlreichen von der Decke hängenden Glöckchen bei jeder Berührung zum Gesamtklang beitragen.
Was der Avantgarde des 20. Jahrhunderts das objet trouvé war, ist der Gegenwartskunst die relation trouvée, die sich im hohen, lichtdurchfluteten Portikus im besten Fall zu einer sozialen, kooperativen Skulptur aus Begegnungen, Bewegung, Video, meditativem Sound und kraftvollen Klangcollagen verwirklicht. Dawn Kasper etabliert außerdem eine tägliche wiederholte Routine, in der sie mit ihrer Arbeit an der Plastik The Wolf and the Head on Fire – der Titel nimmt Bezug auf die aesopsche Fabel vom Zicklein, das sich mit unterhaltsamen Liedern den Wolf vom Hals hält – Herausforderungen und Hindernisse des künstlerischen Arbeitens ausstellt.