Das Echte erleben

Zurzeit könnte es zu surrealen Begegnungen kommen. Die Wahrscheinlichkeit dafür erhöht sich in und um Kassel. Nicht auszuschließen, dass man das weltreisende weiße Kaninchen im Gehrock aus dem Wunderland zu Gesicht bekommt – es dürfte aus der Grimmwelt aufgetaucht sein. Wen dann die Neugier zu dem Bau auf dem Weinberg lockt und wer Eingang findet, landet augenblicklich, ohne Schreck und Schramme, im einzigartigen Labyrinth des Imaginarium. Niemand ist zu groß, um sich in seinen Sog ziehen und sich durch Märchen, Träume, aber auch Albträume treiben zu lassen, niemand zu klein, um sich mit Augen und Händen zu beteiligen. Die, die an dieser Welt der Fantasie und Kreativität seit drei Jahrzehnten bauen, sind tschechische Künstler:innen aus dem Umfeld der Theaterkompanie der Brüder Forman. Unter ihrem Spiritus Rector Matěj Forman verweben sich die in begeh- wie bespielbaren Kulissenaufbauten präsentierten Märchen- und Fantasiestoffe zu einer faszinierenden Erzählung aus Holz, Papier und anderen einfachen Materialien in der Tradition des Wander- und Puppentheaters. 

Wozu sollen Geschichten ohne Bilder und Interaktionen gut sein? Ähnlich stellt Alice die Frage, bevor sie ins Wunderland stürzt, und während sie in jenem Irrgarten Stationen durchläuft, tut sich eine Erzählung aus skurrilen Begegnungen und Bildern auf. Feindselig wie das Wunderland ist das Imaginarium nicht, doch genauso ein Ort, der dafür geschaffen ist, die kreative Imagination zu stimulieren. Wer das Labyrinth der Kabinette betritt, kommt mit einer Berührung hier und einem bloßen Blick dort zu einem echten, sinnlichen Erleben und gestaltet sein Abenteuer mit. 

„Folge mir ins Imaginarium!“, könnte das schwarze Ross im roten Jackett sagen, „ich zeige dir die fast vergessene Kulissenwelt des Theaters und Jahrmarkts, in der die Freiheit der schöpferischen Neugier sowie des Spielens real und ungebrochen ist. Vergiss Wunderland, das hingegen von der Unvermeidlichkeit getrübt ist, diese Freiheit einmal zu verlieren.“