© Stadtmuseum, Wetzlar

Erich Heckel: Häuser in Wetzlar, 1951, Aquarell auf Bütten, mit Bleistift signiert, datiert und bezeichnet unten rechts, 53,5 × 69 cm, Städtische Museen Wetzlar, Stadtmuseum

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fragil und unzerstört

Der Blick überspringt die Wehrschwelle im Fluss, sodann die Uferböschung und wandert an Baumkronen vorbei über die gestaffelten Dächer der Stadt hinauf zum Dom, von dessen Spitzen dein Blick ins Blau des Himmels geht. Du schaust auf die alte Lahnstadt Wetzlar – im Gegenüber mit dem Motiv, das Erich Heckel (1883–1970), der Mitbegründer der Künstlergruppe Die Brücke, im Jahr 1951 in einer Zeichnung festhielt. Genau wie die Sujets seiner früheren Arbeitsreisen, die den Künstler etwa nach England, Frankreich, Italien oder die Schweiz führten, hat er sich dieses erwandert. Die Landschaft ist seit den 1920er Jahren sein Hauptthema und das als homogene Bildkomposition ausgearbeitete Landschaftsaquarell seine bevorzugte Gattung. Ein eindrückliches Beispiel dafür sind die Häuser in Wetzlar.

Ein variiertes Blau bildet mit Grüngelb und rötlichem Hellbraun einen ausgewogenen Farbdreiklang, mit dem Heckel die Zeichnung im Atelier zum großformatigen Aquarell aufbaute, den Pinsel locker übers Bütten geführt. Die Farbe kleidet das Gerüst der Vorzeichnung, belässt wie der Bleistiftstrich den Gegenstand in dezenter Andeutung. Ein Muster aus zart farbigen, gläsern wirkenden Flächen breitet sich über das Blatt aus, ohne den Bezug zum Gegenstand, der perspektivischen Stadtansicht, zu verlassen. Bei „Brücke“ denkst du an die Vehemenz der Linie, die Kraft des Pinselstrichs – den expressiven Duktus hat Heckel in den 1950er Jahren hinter sich gelassen. Die Häuser in Wetzlar gehören in sein Spätwerk, das durch eine sensiblere Führung der Zeichenmittel, hellere Farbklänge sowie subtilere Abstufungen charakterisiert ist. Doch auch als künstlerischen Reflex auf die dunklen Jahre des Krieges kann man das Aquarell betrachten und in ihm das Bild einer beständigen wie heilen, gleichwohl fragilen Schönheit sehen, die nach der Katastrophe Hoffnung gibt, aber von zerstörerischen Kräften jederzeit bedroht ist.

Wo immer du gerade dieser kleinen Einführung in das Bild folgst, mag sie dich dazu ermuntern, das Motiv am Unterwehr vor der historischen Bogenbrücke einmal aufzusuchen – und in den Städtischen Sammlungen die künstlerische Umsetzung der Ansicht in einer Reihe von Wetzlar-Aquarellen aus Erich Heckels Lahnserie zu bestaunen.

  • Städtische Sammlungen Wetzlar / Stadtmuseum
  • Erwerbung: Aquarell Häuser in Wetzlar von Erich Heckel
  • Lottestraße 8–10, 35578 Wetzlar
  • Telefon +49 6441 994131 oder 994140
  • museum-wetzlar.de
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