Toni Schmale, zwinger, 2019 (Detail), sandgestrahlter Stahl, brüniert, geölt (Castrol WX-30), polierter Stahl, 80 × 200 × 65 cm, Galerie Christine König, Wien, Foto: Philipp Friedrich, © Toni Schmale / Bildrecht Wien

Im stillen Streit

Wenn man von Metallbautechnik keinen Funken Ahnung hat, erzeugt der Branchenbegriff „Opferblech“ die verschiedensten gedanklichen Verknüpfungen zwischen Opfertum und Ausgeliefertsein, dem Erbringen von Opfern und einer Form von Metall. Dann kann die Wortzusammensetzung das Knautschblech des Autowracks, das durch Verformungsarbeit stumpfe Gewalt abgefangen hat, genauso evozieren wie ein metallenes Votiv oder eine Hostienschale. Opferblech ist mit Bedeutungen überzogen – als Ausstellungstitel verwickelt es in ein ebenso komplexes wie gewitztes Spiel mit Sinngehalten, das sich in den bei basis e.V. präsentierten Arbeiten von Toni Schmale fortsetzt. Die abstrakten Skulpturen der Künstlerin verweigern sich eindeutigen Zuschreibungen. Die Konstruktionen aus Stahl und Beton lassen sich als Komposita aus wiedererkennbaren Bezugsfiguren lesen, wobei sie sich im Netz der Assoziationen erweitern. Sieht man sich Fitnessgeräten und Gebrauchsmaschinen oder verbotenen Apparaten gegenüber – gar stillgestellten Körpern, die sich mit begehrendem Ausdruck an den menschlichen Körper adressieren? Mit ihren makellosen, anziehenden Oberflächen scheinen sie sich zu diesem Körper zu verhalten, allerdings unter dem Opfer, von dessen Berührung und Berührungsverlangen abgeschnitten zu sein. Das „Berühre mich nicht“-Moment überlässt die sinnliche Handlung der Vorstellung. 

Was macht massive Stahlskulpturen zu Opferblechen? In der Bearbeitung widerständig, passen sie sich doch dem Formwillen der Künstlerin an, absorbieren deren traditionell als männlich geltende Verausgabung und Verformungsarbeit am Industriematerial. Als künstlerische Objekte entlasten sie die marginalisierten Körper queerer Menschen dadurch, dass der Diskurs über Genderidentität wie auch eine erotisierte queere Bildlichkeit auf sie übertragen wird. Opferbleche befinden sich im stillen Streit mit festgelegten Normen und überkommenen dominanten Positionen zu stereotypen Geschlechterkonstruktionen, Körper- und Künstlerbildern.

  • Toni Schmale – Opferblech
  • basis e.V.
  • bis 21. Juli 2024
  • Gutleutstraße 8–12, 60329 Frankfurt am Main
  • Telefon +49 69 40037617
  • basis-frankfurt.de
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