palastzeit

Mit seinen Fenstern und Balkonen kündet es von der Großzügigkeit und Modernität vergangener Tage, das Haus ohne wirkliche Größe. Wie ein Palazzo im Kleinen, provinzlerisch, der nur mehr bieder und unzugänglich anmutet. Man hat es für porträtwürdig gehalten. In Postkartenblau grüßt es als Pension oder Landhotel. Es wirkt fern vertraut. Eine Seite fühlt sich nostalgisch hingezogen zur harmlosen Gemütlichkeit auf der Sonntagsterrasse, eine andere abgestoßen von muffigen Mauern, hinter denen sich Abgründe zu verbergen scheinen. Ein Haus kann manches sein – je nachdem, wie man darauf schaut und mit was es angefüllt ist. In den Bildern der Malerin und Grafikerin Katharina Immekus wankt das Haus, das als Motiv ihr Werk kennzeichnet, in eingefrorener Sonntagsstille zwischen heiler Heimat und Albtraum. Ihre Häuserporträts offenbaren ambivalente Erfahrungen, in denen sich etwa Geborgenheit in Befremden verkehrt. 

Das Haus mit Größe und Sprezzatura dagegen spiegelt sich im Titel Gran Palazzo wider, unter dem die kommende Werkschau Schlüsselbilder der Künstlerin aus mehr als 25 Jahren im Haus des Kunstvereins Darmstadt versammelt. „Palazzo“ steht für die Kunst, die nicht einem Konzept, einer Technik oder Motividee allein verpflichtet ist – die sich vielmehr für alles Gewesene und Künftige offenhält. Dieses Haus inszeniert mediale Übergänge und zeichnet sich durch lebendige Leichtigkeit sowie ruhige Standhaftigkeit in Schnitt, Strich und Farbe gleichermaßen aus. Die Mauern beherbergen Malereien, Linolschnitte, Zeichnungen, Wandbilder und mehr. Abstraktion und Gegenständlichkeit ist ein Bauprinzip, Erinnerung und Identität nur ein Weiteres. Unter seinem Dach kommen künstlerische Freiheit und Erfahrungen zusammen. Gran Palazzo beschreibt Immekus’ Kunst in ihrer Beschaffenheit, historischen Breite und gestalterischen Fülle. Ein großer Palast wie dieser ist zur historischen Erkundung bestimmt. Demnächst ist Palastzeit mit dem Werk der Künstlerin im Haus aus Stahl und Glas – nicht nur sonntags!