reise nach arglosen
made for arolsen
Mit der Reise nach Arglosen stellen wir Ihnen ein Ausstellungsprojekt vor, das in zweierlei Hinsicht gewohnte Routinen unterbricht. Zum Einen möchten wir an dieser Stelle, nach überaus erfolgreichen zwei Jahrzehnten des laufenden Stipendienprogrammes der Hessischen Kulturstiftung, aktuelle Arbeiten nicht nur von gegenwärtigen, sondern auch von ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten in unserem Newsletter vorstellen. Die Foto- und Videokünstlerinnnen Laura J. Padgett und Martina Wolf, dazu Gerhard Lang, Fotograf, Zeichner und Performer, mit einem Katalogbeitrag, eröffnen das neue Format. Ein ebenfalls nicht übliches Thema hat das Arbeitsprojekt, das die Hessische Kulturstiftung und das Museum Bad Arolsen gemeinsam veranstalten. Nach zahlreichen Förderungen von Sammlungsergänzungen und Ausstellungen zum Klassizismus richten das Museum, der Museumsverein und die Stiftung erstmals zusammen eine Ausstellung zeitgenössischer Kunst aus.
Mit so bekannten Namen wie Larry Bell, Damien Hirst, Jeff Koons, Nicola Torkel, Tony Clark, Ulrike Rosenbach oder Dorothee von Windheim war das Arolser Residenzschloss schon mehrfach Schauplatz der Reihe made for Arolsen, zugleich Prämisse und Einladung zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Ort und seiner Geschichte.
Seit dem Sommer 2015 haben Martina Wolf und Laura J. Padgett während mehrerer Arbeitsaufenthalte Fotografien, Videos und Installationen für einige Räume des Fürstenhauses Waldeck und Pyrmont entwickelt, sie werden für die Dauer der Ausstellung zu sehen sein. Begleitend erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und Textbeiträgen von Gerhard Lang, Daniel Marzona und Ludwig Seyfarth.
Der Ort
Die barocke Schloss- und Stadtanlage Arolsens wurde 1710 begonnen, das Schloss als Repräsentationsbau des Fürstenhauses von Waldeck und Pyrmont 1801 fertiggestellt.
Im Entwurf angeregt durch Schloss Versailles ist das Residenzschloss heute ein dreiflügeliger Gebäudekomplex mit Hofbibliothek und Naturalienkabinett, teils öffentlich, teils privat von der Familie des Prinzen Wittekind zu Waldeck und Pyrmont genutzt, mit ursprünglichen Raumfluchten und Dekoren, aber auch mit baulichen Eingriffen seit den 1970er Jahren in den Innenräumen.
Die Stadt Arolsen war Geburtsort des klassizistischen Bildhauers Christian Daniel Rauch (1777 – 1857) und Wohnort der Malerfamilie um Wilhelm von Kaulbach (1805 – 1874): Ein attraktives Reiseziel auch für niederländische Touristen, denn 1858 wurde im Schloss Emma von Waldeck und Pyrmont geboren, die spätere Königin der Niederlande.
Bis 1918 war Arolsen Residenz- und Garnisonsstadt und bis 1929 Hauptstadt des Freistaates Waldeck; hier befand sich im Zweiten Weltkrieg ein Außenlager des KZ Buchenwald. 1946
wurde in Arolsen der Internationale Suchdienst (ITS), ein Dokumentationszentrum zu NS-Verfolgung, NS-Zwangsarbeit und dem Holocaust eingerichtet.
Unter dem Dach des Museums Bad Arolsen sind heute das C. D. Rauch-Geburtshaus, das Kaulbach-Haus, das Schreibersche Haus und das Christian Daniel Rauch-Museum zusammengeschlossen. Die wechselnden Ausstellungen im Westflügel des Schlosses gehören ebenfalls zum Museumsprogramm.
Made for Arolsen:
Laura J. Padgett
Martina Wolf
Beide Künstlerinnen arbeiten mit den gleichen Medien und in einer reduzierten Ästhetik, jedoch in unterschiedlichen assoziativen Geflechten.
Laura J. Padgett (*1958) beschäftigt sich in ihren Arbeiten seit Langem mit öffentlichen und privaten Kunstsammlungen. Sie untersucht Objekte, Exponate und Inszenierungen auf ihre Bedeutungsqualitäten von gesellschaftlicher Repräsentation und Alltagskultur und porträtiert dadurch indirekt auch Sammlerpersönlichkeiten vor ihrem zeitgeschichtlichen Hintergrund.
Die Idee der Durchlässigkeit begleitet leitmotivisch Padgetts Fotografie- und Videoarbeiten für die Arolser Residenz. Details der Schlossarchitektur, Ein- und Ausblicke zwischen Innen- und Außenräumen, historische Reiseberichte über Arolsen verdichten sich in ihren Arbeiten zu Erinnerungsbildern aus geschichteten Zeiträumen. Farben, Formen, Lichtverhältnisse, vorgefunden in der Hofbibliothek beispielsweise oder in der Gartenarchitektur, werden zum Motiv und so der Wahrnehmung zugänglich gemacht wieder in den Ausstellungsraum integriert.
Martina Wolf (*1970) interessiert sich für Fragen der Bildkon-stitution, ihrer Wirkmacht und ihrer Verwendung im öffentlichen wie im privaten Raum. In ihren minimalistisch gehaltenen Foto- und Videoarbeiten transformiert sie Beobachtungen der realen Außenwelt zu modellhaften Bildsituationen.
In ihren installativen Arbeiten für das Schloss verschränkt die Künstlerin Bildmaterial, das sie in anderen Zusammenhängen bearbeitet hat, mit der historischen Repräsentationsarchitektur. Durch Montagen und digitale Bildbearbeitungen fragmentierte Motive aus öffentlichen Räumen – eines verfallenden Schulhauses in Italien oder von übermalten Graffitis im Moskauer Stadtraum – implantieren nuanciert fiktive Brüche in die Ausstellungsräume, in die Zeitgeschichte, in Herrschaftsverhältnisse.
- Laura J. Padgett / Martina Wolf
- Made for Arolsen: Reise nach Arglosen
- Museum Bad Arolsen
- 10. September – 4. Dezember 2016
- Eröffnung: 9. September 2016, 19 Uhr
- Residenzschloss Bad Arolsen,
- Schloßstraße 27, 34454 Bad Arolsen
- Telefon 05691 / 62 57 34
- Öffnungszeiten Mi – Sa 14.30 – 17 Uhr, So 11 – 17 Uhr und n. V.